European Economic
and Social Committee
Rasches Handeln ohne Abstriche bei der Qualität ist angesagt
Von Giuseppe Guerini,
Gruppe Organisationen der Zivilgesellschaft des EWSA
Im vergangenen Jahr haben die Europäische Kommission und der Europäische Rat Mario Draghi und Enrico Letta beauftragt, Berichte über die Wettbewerbsfähigkeit der EU bzw. über die Stärkung des Binnenmarkts auszuarbeiten. Diese Berichte enthalten eine ehrgeizige politische Agenda für die Europäische Union. Sie dienen als Fahrplan und als Maßstab für die Bewertung des Engagements und der Fähigkeiten der Institutionen und politischen Entscheidungsträger, die Zukunft der EU zu gestalten.
Anhand dieser Berichte kann ermittelt werden, wie wirksam Institutionen und Entscheidungsträger auf die komplexen Herausforderungen von heute reagieren.
Die Stellungnahme des EWSA zu den Berichten ist ein wertvolles Instrument zur Bewertung der ersten Schritte im neuen politischen Zyklus. Zunächst rief die Europäische Kommission am 29. Januar den Kompass für Wettbewerbsfähigkeit ins Leben. Dieser enthält mehrere Vorschläge mit hoher Priorität, die auch in unserer Stellungnahme hervorgehoben werden, wie etwa das Aufholen des Wettbewerbsrückstands, die Vollendung des Binnenmarkts, die Vereinfachung der Vorschriften ohne Deregulierung und die Anerkennung, dass die Wettbewerbsfähigkeit von Menschen und Kompetenzen abhängt.
Über den Wettbewerbsrückstand hinaus mangelt es jedoch auch an konkreten Maßnahmen. Bislang hat die Kommission strategische Dokumente, Mitteilungen und Zusagen vorgelegt, konkrete Maßnahmen sind jedoch auf Monate noch nicht in Sicht. Laut EWSA-Stellungnahme zeigt diese Verzögerung, dass die EU-Organe und die Mitgliedstaaten auch eine Debatte über die grundlegenden Regeln der EU und die Relevanz der geltenden Verträge für die Bewältigung der aktuellen Herausforderungen – die schnelles Handeln erfordern – anstoßen müssen.
Rasch zu handeln darf jedoch nicht auf Kosten der Qualität gehen. Die Europäische Kommission, die dies 2020 mit der zügigen Umsetzung der Initiative „NextGenerationEU“ unter Beweis gestellt hat, sollte heute dieselbe Flexibilität zeigen.
Zur Verwirklichung dieser Ziele bedarf es eines vielschichtigen Ansatzes. Die zeitnahe Vollendung des Binnenmarkts ist entscheidend. Sie muss jedoch mit einem starken Engagement für ökologische Nachhaltigkeit, wirtschaftlichen Wohlstand sowie sozialen und territorialen Zusammenhalt – den Schlüsselfaktoren der Wettbewerbsfähigkeit – einhergehen.
Diese Vision erfordert auch eine kohärente Industriepolitik, die über fragmentierte nationale Ansätze hinausgeht und durch strategische Anreize im Steuer- und Zollbereich unterstützt wird. Gleichzeitig müssen durch eine intelligentere Regulierung und gestraffte Verwaltungsverfahren unbedingt auch der Verwaltungsaufwand und die Befolgungskosten verringert werden, um ein dynamischeres Unternehmensumfeld zu fördern.
Im Energiesektor gilt es, die Preisunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten und anderen globalen Volkswirtschaften zu verringern. Dies erfordert verstärkte Investitionen in erneuerbare Energien, um für einen wettbewerbsfähigeren und nachhaltigeren Energiemarkt zu sorgen.
Zur Unterstützung dieser Ziele muss die EU auch eine gemeinsame Politik für europäische öffentliche Güter mit klaren strategischen Prioritäten entwickeln, um ihre Rolle auf der internationalen Bühne zu stärken.
Der EWSA überwacht auch weiterhin die Umsetzung dieser Maßnahmen und wird dafür sorgen, dass die Stimme der europäischen Zivilgesellschaft gehört und berücksichtigt wird.