von Cláudia Pinto, Europäisches Jugendforum 

Das Europäische Jugendforum – die größte Plattform von Jugendorganisationen in Europa – setzt sich seit einem Jahrzehnt für hochwertige Praktika ein und schließt sich dem Aufruf des EWSA an, unbezahlte Praktika zu verbieten. Unser heutiger Gast, Cláudia Pinto vom Europäischen Jugendforum, analysiert den jüngsten Vorschlag der Kommission zur Verbesserung der Qualität von Praktika in der EU: Auch wenn sie ihn als wichtigen Fortschritt bezeichnet, überwiegen für Cláudia die Mängel und Schwächen.

Die Arbeitsplatzsuche junger Menschen sieht heutzutage oft so aus, dass ihnen ein unbezahltes Praktikum nach dem anderen angeboten wird. Es bleibt nur das Mantra, dass unbezahlte Praktika ein Tor zum Arbeitsmarkt sind, den jungen Menschen berufliche Kontakte eröffnen und neue Lernerfahrungen bieten. 

Was ein unbezahltes Praktikum definitiv nicht bietet, ist finanzielle Unabhängigkeit. Wie soll man Lebensmittel kaufen oder die Miete und all die anfallenden Rechnungen bezahlen, wenn man unbezahlt arbeitet? 

Unbezahlte Praktika sind eine Form der Ausbeutung junger Menschen auf dem Arbeitsmarkt. Sie verstärken die soziale Ausgrenzung, da unbezahlte Arbeit nur für diejenigen eine Option ist, die sich das leisten können, so dass junge Menschen aus benachteiligten Verhältnissen von Vornherein außen vor bleiben. Erschwerend kommt hinzu, dass hierdurch Arbeitsplätze für Berufsanfänger ersetzt werden, wodurch die Lage auf dem Arbeitsmarkt noch prekärer wird. 

Das Europäische Jugendforum setzt sich bereits seit einem Jahrzehnt für hochwertige Praktika ein. In den letzten zwei Jahren lief unsere Kampagne Can you afford to work for free? für eine Richtlinie, mit der unbezahlte Praktika auf dem Arbeitsmarkt in allen EU-Mitgliedstaaten verboten werden. 

Im vergangenen März veröffentlichte die Europäische Kommission schließlich ihren Vorschlag zur Verbesserung der Qualität von Praktika in der Europäischen Union, bei dem es sich tatsächlich um einen Richtlinienvorschlag handelt. Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, der dank des unermüdlichen Einsatzes junger Menschen auf dem gesamten Kontinent erreicht wurde. Leider bietet die Richtlinie dennoch keine wirkliche Garantie dafür, dass Praktika auf dem Arbeitsmarkt vergütet werden müssen. 

Das Europäische Jugendforum bemängelt in Bezug auf den Vorschlag vor allem, dass nur die eine Hälfte des Problems angegangen wird. Die Rede ist nämlich nur von Scheinpraktika, d. h. tatsächlichen Arbeitsplätzen, die als Praktika getarnt werden, um die Arbeitsbedingungen, insbesondere die Vergütung, zu verschlechtern, anstatt dass die Lage aller Praktikantinnen und Praktikanten auf dem Arbeitsmarkt betrachtet wird. Was die Europäische Kommission vorschlägt, ist eine Durchsetzungsrichtlinie. Das wird die bereits jetzt unterfinanzierten und überlasteten Arbeitsaufsichtsbehörden unter großen Druck setzen. 

Daher sieht das Europäische Jugendforum die praktische Umsetzung der Richtlinie mit großer Sorge, ebenso wie die Frage, wie die Rechte junger Menschen in der Praxis gewahrt werden können. Im Wesentlichen geht es in dem Vorschlag nicht um Rechte für Praktikantinnen und Praktikanten, sondern darum, was nicht als Praktikum gelten soll. Gemäß dem Vorschlag dürfen Praktikantinnen und Praktikanten nicht diskriminiert werden. Das Europäische Jugendforum ist jedoch besorgt, dass die Mitgliedstaaten den Vorschlag so in nationales Recht umsetzen könnten, dass sich den Arbeitgebern die Möglichkeit bietet, junge Menschen auch weiterhin auszubeuten. 

Neben dem Vorschlag für eine Richtlinie hat die Europäische Kommission auch eine neue Empfehlung des Rates zur Aktualisierung des Qualitätsrahmens für Praktika vorgeschlagen, um dessen Anwendungsbereich auf alle Arten von Praktika auszuweiten und Grundsätze bezüglich Vergütung und Zugang zu Sozialschutz einzuschließen. Diese Grundsätze hier schwarz auf weiß zu sehen, ist großartig, aber leider ist die Empfehlung des Rates nicht verbindlich. 

Das Europäische Jugendforum wird sich weiterhin für die Rechte junger Menschen einsetzen und für faire Arbeitsbedingungen kämpfen. Wir fordern den Europäischen Rat und das Europäische Parlament auf, den Text so umzuformulieren, dass es keine Schlupflöcher gibt, die eine kontinuierliche Ausbeutung junger Menschen ermöglichen könnten. In unserem Artikel Two Steps Forward One Step Back gehen wir auf die Einzelheiten des Vorschlags der Kommission ein.

Cláudia Pinto ist beim Europäischen Jugendforum für den Übergang junger Menschen von der Ausbildung ins Berufsleben zuständig. Ihr Schwerpunkt liegt auf Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität von Praktika in Europa. Sie ist Expertin für europäische Sozial- und Beschäftigungspolitik und war zuvor bei der Europäischen Union der unabhängigen Gewerkschaften tätig.