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Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) gilt als größte Neuerung in der transnationalen Demokratie seit der Einführung der direkten Wahlen zum Europäischen Parlament vor über vier Jahrzehnten. Wir, die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union, haben nunmehr dasselbe Recht wie die Mehrheit im Europäischen Parlament und wie die Mitgliedstaaten: Wir können Einfluss auf die politische Agenda für den ganzen Kontinent nehmen. Und dieses Instrument wird mit der gebotenen Sorgfalt verwendet: Seit ihrem Start 2012 wurden über 100 Bürgerinitiativen registriert.

Auch wenn das formale Initiativrecht für gesamteuropäische Rechtsvorschriften nach wie vor bei der Europäischen Kommission liegt, ist die Europäische Bürgerinitiative ein Instrument, das die Agenda beeinflussen kann. Darüber hinaus öffnet sie die Tür für eine künftige partizipative Politik: Sie ist direkter, transnationaler und digitaler als alle bisherigen Initiativen und Maßnahmen in der EU und hat viele Mitgliedstaaten angeregt, vergleichbare einzelstaatliche Instrumente zu schaffen, die die Agenda beeinflussen können.

Deshalb ist die Bürgerinitiative nicht nur so etwas wie ein weiteres Petitionsrecht, sondern vielmehr ein Recht der Bürgerinnen und Bürger, aktiv zu werden und mitzubestimmen, welche Themen als nächstes auf die Agenda der EU-Institutionen kommen.

ECI key facts
  • Damit sie von der Europäischen Kommission geprüft werden kann, muss die Bürgerinitiative innerhalb eines Jahres von mindestens einer Million EU-Bürgern aus mindestens sieben Mitgliedstaaten unterstützt werden. In allen sieben Mitgliedstaaten ist eine Mindestanzahl an Unterzeichnern erforderlich.

  • Eine Initiative ist in allen Bereichen möglich, in denen die Kommission befugt ist, Rechtsakte vorzuschlagen, z. B. Umwelt, Landwirtschaft, Verkehr, öffentliche Gesundheit oder internationaler Handel.

    Genauere Informationen finden Sie im Abschnitt Europäische Themen und Zuständigkeiten und unter

  • Um eine Bürgerinitiative zu starten, müssen die Bürger eine „Organisatorengruppe“ aus mindestens sieben EU-Bürgern bilden, die in mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten wohnhaft sind.

  • Eine Initiative kann von allen EU-Bürgern unterstützt werden, die das erforderliche Alter für die Teilnahme an den Wahlen zum Europäischen Parlament erreicht haben bzw. in einigen Ländern mindestens 16 Jahre alt sind (z. B. 16 Jahre in Österreich, Belgien, Deutschland, Malta und Estland, 17 Jahre in Griechenland und 18 Jahre in allen anderen Mitgliedstaaten). Um eine Initiative zu unterstützen, müssen die Bürger ein Formular ausfüllen, das die Organisatoren in Papierform oder online zur Verfügung stellen.

  • Innerhalb eines Monats nach Eingang einer erfolgreichen Bürgerinitiative empfängt die Kommission die Organisatoren, die ihre Initiative dann bei einer öffentlichen Anhörung im Europäischen Parlament vorstellen können. Die Europäische Kommission nimmt innerhalb von sechs Monaten offiziell zu der Initiative Stellung. Beschließt die Kommission, einen Vorschlag für einen Rechtsakt vorzulegen, läuft das reguläre Legislativverfahren an.

  • Seit 2012 sind mehr als 100 Bürgerinitiativen bei der Europäischen Kommission eingegangen, von denen 26 abgelehnt wurden, weil sie nach Einschätzung der Kommission nicht alle formalen Anforderungen erfüllten. In mehreren Fällen, beispielsweise bei der Initiative „Stop TTIP“ gegen den Abschluss des TTIP-Abkommens sowie der Minority-SafePack-Initiative, hat der Europäische Gerichtshof die Kommission später zur Änderung ihrer diesbezüglichen Beschlüsse verpflichtet.

EBI-Vorschläge Einge­reicht Regis­triert Abge­lehnt
GESAMT

Weitere Informationen zur EBI und zum genauen Verfahren finden Sie im Abschnitt Planung und Ablauf in 10 Schritten.

Machen Sie sich schlau! Rechtsgrundlage der EBI sind folgende Dokumente:
Grundlage:
Titel II (Artikel 11 Absatz 4) des Vertrags über die Europäische Union (EUV), Bestimmungen über die demokratischen Grundsätze; Artikel 24 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Amtsblatt der Europäischen Union C 83/389 vom 30.3.2010)
Verordnung:
Verordnung (EU) 2019/788 über die Europäische Bürgerinitiative und Anhänge (Amtsblatt der Europäischen Union L 130/55 vom 17.5.2019)
Umsetzung:

Europäisches Parlament: Artikel 222 und 230 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments

Vollständiger Rechtsrahmen der Europäischen Bürgerinitiative:

europa.eu/citizens-initiative/how-it-works/regulatory-framework_de

Prüfung und Bescheinigung der Unterschriften durch die Mitgliedstaaten:

europa.eu/citizens-initiative/authorities-verification-and-certification-statements-support_de

Die Europäische Bürgerinitiative wird zuweilen mit einem Schweizer Taschenmesser verglichen: ein intelligent konzipiertes, anpassungsfähiges und multifunktionales Instrument. Da die EBI von fast 450 Millionen EU-Bürgern aus 27 Mitgliedstaaten (und somit aus der ganzen Welt, da einige EU-Bürger außerhalb Europas leben) genutzt werden kann, betrifft sie die Frage des Demokratieverständnisses und funktioniert auf transnationaler Ebene.

Auf der Grundlage der Erfahrungen mit den zwischen 2012 und 2019 eingereichten fast 100 Initiativen wurde die Regelung über die Bürgerinitiative 2020 aktualisiert und vereinfacht. Ein Viertel der Initiativen wurde aufgrund der strikten Auslegung und Anwendung der Verordnung durch die Kommission abgelehnt. Mit den neuen Bestimmungen erhalten die Organisatoren und die Kommission jedoch mehr Zeit für die Suche nach einer Lösung, einschließlich der Möglichkeit, nur die zulässigen Teile einer Initiative zu registrieren. Außerdem ist mehr Zeit für die Vorbereitung der Unterschriftensammlung sowie für alle weiteren Verfahrensschritte eingeplant.

Darüber hinaus hat sich durch die Corona-Pandemie die Art und Weise, wie wir interagieren, diskutieren und Entscheidungen treffen, grundlegend verändert. Um das demokratische Potenzial der EBI zu erhalten, hat die Kommission mit Blick auf die Coronavirus-Situation veränderte Vorschriften vorgeschlagen, die eine Verlängerung der Fristen für die Sammlung und Überprüfung der Unterschriften sowie die Prüfung erfolgreicher Initiativen ermöglichen (siehe Verordnung (EU) 2020/1042, Durchführungsbeschluss der Kommission vom 17.12.2020 (EU) 2020/2200 und Durchführungsbeschluss der Kommission vom 19.2.2021 (EU) 2021/360).

In dem Verfahren können Sie drei verschiedene Rollen einnehmen: Sie können Organisator, Unterstützer oder Beobachter sein.

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    Als Organisator

    Als Organisator stehen Sie im Mittelpunkt des Geschehens, da Sie dafür sorgen müssen, dass alle wesentlichen, in der EBI-Verordnung festgelegten Schritte eingehalten werden. Außerdem sind Sie als Vertreter der Bürgerinitiative Ansprechpartner für die EU-Institutionen, Ihre Unterstützer und ganz Europa. Sie müssen deshalb mit Bedacht vorgehen, Geduld und Engagement zeigen sowie intensiv Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit betreiben.

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    Als Unterstützer

    Als Unterstützer einer Europäischen Bürgerinitiative setzen Sie sich als einer von mindestens einer Million Menschen aus mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten für ein bestimmtes europäisches Anliegen ein. Dazu müssen Sie die Unterstützungsbekundung in Papierform oder elektronisch ausfüllen. Vergewissern Sie sich, dass Sie eine offiziell registrierte Initiative unterzeichnen. Informationen zu den laufenden Initiativen finden Sie im amtlichen Register.

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    Als Beobachter

    Als Beobachter möchten Sie erfahren, worum es bei einer EBI geht, wollen die genauen Hintergründe verstehen und eventuell den Organisatoren, den Medien, Forschern und der EU interessante Einblicke liefern und Ihre Bemerkungen übermitteln.

Für Organisatoren, Unterstützer oder Beobachter gilt es, mehrere Aspekte zu bedenken, bevor eine Initiative gestartet, unterzeichnet oder kommentiert wird. Die zentrale Frage ist: Was soll mit der Europäischen Bürgerinitiative erreicht werden? Was ist Ihr Ziel?

Möchten Sie etwas Neues für Europa vorschlagen? Oder wollen Sie eine bestimmte EU-Politik stoppen und abschaffen? Viele Dinge sind jedoch nicht nur schwarz und weiß, gut oder schlecht: Vielleicht muss einfach nur etwas verbessert werden. Also könnte Ihr Hauptanliegen auch sein, bestimmte Teile eines Rechtsaktes in der EU zu ändern.

Die Europäische Bürgerinitiative eröffnet vielfältige Handlungsmöglichkeiten – sie kann genutzt werden als

  • Beschleuniger, um neue EU-Maßnahmen anzustoßen. Dies erfordert viel Geduld, da es lange dauern wird, bis eine solche EBI endgültig abgeschlossen ist. Zunächst muss eine angemessene und plausible Rechtsgrundlage gefunden werden; und Sie sollten die öffentliche Debatte über Ihren Vorschlag als wichtigsten Verdienst Ihrer Bemühungen ansehen.
  • Bremse, um die EU davon abzuhalten, etwas zu tun. In diesem Fall ist die zeitliche Planung entscheidend, da Sie den richtigen Moment abpassen müssen, um Ihr Anliegen vorzubringen. Nur so können Sie die maximale Wirkung und Unterstützung erzielen. Das bedeutet, dass die Unterschriften rasch zusammengebracht werden müssen.
  • Ventil zur Verbesserung des geltenden EU-Rechts. Da es darum geht, ein bestimmtes Problem durch die Änderung einer Rechtsvorschrift zu beheben, sollten Sie sich um Einfachheit bemühen. Europäische Bürgerinitiativen dieser Art sind in der Regel sehr komplex und schwierig zu vermitteln. Konzentrieren Sie sich deshalb möglichst auf das Wesentliche.
  • Druckmittel durch Nutzung der EBI als zusätzliches Element zur Einflussnahme auf die europäische Politikgestaltung. Bevor Sie jedoch eine solche Initiative auf den Weg bringen, sollten Sie Ihren Einfluss und Ihre politische Macht unabhängig von der Initiative abwägen und prüfen, welcher Nutzen mit der Initiative erzielt werden kann. Stellen Sie Ihre Absichten gegenüber Ihren Unterstützern klar und behalten Sie im Hinterkopf, dass Sie eine Bürgerinitiative zurückziehen können, wenn die entsprechenden Fristen eingehalten werden.
  • Katalysator für die Bildung starker Allianzen und Netzwerke in ganz Europa. Diese Option ist besonders geeignet, wenn Sie Ihre Initiative als Teil einer längerfristig angelegten Strategie ansehen, um Menschen in Europa zusammenzuführen und/oder eine Europawahlkampagne vorzubereiten.
  • Werbeinstrument, um Sie selbst und/oder Ihre Gruppe in der Öffentlichkeit besser bekannt zu machen. In diesem Fall müssen Sie zunächst ein geeignetes und leicht zu vermittelndes Thema für Ihre Bürgerinitiative finden. Außerdem sollten Sie Ihre Ziele so offen wie möglich formulieren, um keine falschen Erwartungen bei potenziellen Unterstützern zu wecken.

Die EBI bietet viele Möglichkeiten, letztendlich hängt es aber von Ihrem eigenen Verständnis und Ihren Fähigkeiten bei der Einschätzung der Möglichkeiten und Grenzen einer Bürgerinitiative ab. Wenn Sie sich das vielfältige Potenzial dieses transnationalen und partizipativen Verfahrens bewusst machen, werden Sie in der Lage sein, realistische Erwartungen und mithin einen realistischen Ansatz für Ihre Strategie und Ihre gewählten Möglichkeiten zu entwickeln.

Wenn Sie nicht sicher sind, ob die Bürgerinitiative das beste Instrument zum Erreichen Ihrer Ziele ist, prüfen Sie bitte die verschiedenen Aspekte Ihres Anliegens mithilfe des Kapitels Überlegungen im Vorfeld und informieren Sie sich im Abschnitt Mitwirkungsinstrumente.

Erwägen Sie, eine Europäische Bürgerinitiative zu starten? Die Umsetzung einer solchen Initiative wird mindestens drei, wahrscheinlich sogar mehr Jahre (sowie beträchtliche Ressourcen) in Anspruch nehmen. Wenn Sie es geschickt anstellen und umsichtig vorgehen, werden Sie im Laufe dieser Zeit jedoch neue Einblicke erhalten und viel lernen – und mit Ihrer Initiative (hoffentlich) etwas für Europa bewegen. Dies sind die zehn Schritte des EBI-Verfahrens:

Schritt 1
Idee

Sie haben eine Idee, ein Vorhaben oder ein Anliegen, das in die europäische Politik einfließen soll. Prüfen Sie zunächst, ob andere – vielleicht einfachere und leichter zugängliche – Instrumente zur Verfügung stehen, mit denen Sie sich in dieser Angelegenheit Gehör verschaffen können. Sollten Sie sich für die EBI entscheiden, lesen Sie unter „Schritt 2“ weiter.

Vorbe­reitung
Schritt 2
Wissen

Die Europäische Bürgerinitiative hat etliche rechtliche und politische Implikationen. Machen Sie sich mit allen Möglichkeiten und Grenzen des Verfahrens im Zusammenhang mit der Umsetzung Ihrer künftigen Initiative vertraut. In dieser frühen Phase können Sie das Forum zur Europäischen Bürgerinitiative um Unterstützung bitten (für weitere Einzelheiten siehe den Abschnitt über Weitere Weitere Unterstützung). Versuchen Sie dann, abzuwägen: Lohnt sich der Aufwand? Wenn eine Europäische Bürgerinitiative Ihrer Meinung nach lohnenswert ist, lesen Sie weiter unter Schritt 3.

Schritt 3
Ziele

Ferner sollten Sie vor der Einleitung der ersten offiziellen Schritte klar und deutlich abstecken, was Sie mit Ihrer Initiative erreichen wollen und welche Ergebnisse realistischerweise zu erwarten sind.

Definieren Sie Ziel, Tragweite und Funktion Ihrer Initiative. Halten Sie sie im Interesse aller Beteiligten so einfach wie möglich. In diesem Schritt ist es sinnvoll, die Erfahrungen früherer EBI-Organisatoren genauer zu betrachten.

Schritt 4
Ausgestaltung

Die Formulierung und Erläuterung Ihres Vorschlags muss in vielen verschiedenen Sprachen und in noch mehr politischen Kulturen in ganz Europa verständlich sein. Machen Sie sich nun auch mit dem neuen Online-System zur Unterschriftensammlung vertraut, das die EU kostenlos zur Verfügung stellt, und nutzen Sie alle verfügbaren Unterstützungsmöglichkeiten.

Schritt 5
Registrierung

Dies ist die erste formale Hürde für viele Organisatorengruppen, da Sie für die Registrierung bestimmte Kriterien erfüllen müssen. Am wichtigsten ist, dass Ihre vorgeschlagene Initiative nicht offenkundig außerhalb des Rahmens der Kommissionsbefugnisse liegt. Auch bei diesem Schritt kann Sie das Forum zur Europäische Bürgerinitiative unterstützen. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, Ihre Bürgerinitiative auf der offiziellen Website einzureichen und dabei den Titel und die Ziele Ihres Vorschlags anzugeben. Je nachdem, ob Ihr Vorschlag geändert und aktualisiert werden muss, wird die Kommission Ihre Bürgerinitiative innerhalb von zwei bis vier Monaten registrieren (oder ablehnen). Nach der Registrierung wird die Kommission den Titel und das Ziel Ihres Vorschlags in alle 24 Amtssprachen übersetzen.

Registrie­rung
Schritt 6
Sammlung von Unterschriften

Jetzt beginnt der sehr gewinnbringende, zugleich aber auch härteste Teil, da Sie in weniger als einem Jahr mehr als eine Million Europäerinnen und Europäer aus mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten überzeugen müssen, Ihre Initiative zu unterzeichnen. Diese Aufgabe muss durch die Schaffung eines europaweiten Netzes unterstützender Partner im Voraus gut vorbereitet werden. Nach der offiziellen Registrierung müssen Sie innerhalb von sechs Monaten mit der Sammlung der Unterschriften beginnen. Sie müssen die Kommission lediglich zehn Arbeitstage vor dem von Ihnen gewählten Anfangsdatum informieren, damit Anfangs- und Enddatum der einjährigen Sammlungsphase veröffentlicht werden können. Bitte beachten Sie, dass Sie je nach Staatsangehörigkeit der Unterzeichner getrennte Unterstützungsformulare verwenden müssen. Das heißt, alle Unterzeichner eines Formulars müssen Staatsangehörige desselben EU-Landes sein.

Unter­schriften
Schritt 7
Dialog

Ohne Kommunikation werden Sie keine Unterstützer finden: Der Dialog mit allen in Frage kommenden Gleichgesinnten und sogar Skeptikern wird ein entscheidender Faktor für den dauerhaften Erfolg Ihrer Initiative sein. Werben Sie deshalb begleitend zu Ihrer Unterschriftensammlung auch über die (sozialen) Medien und bei öffentlichen Veranstaltungen für Ihre Initiative. Auch für diesen Schritt ist es durchaus sinnvoll, Lehren aus früheren Bürgerinitiativen zu ziehen, deren Organisatoren über umfangreiche Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, die sie weitergeben können.

Schritt 8
Hürden

Bevor Sie der Europäischen Kommission Ihre Initiative endlich mit allen erforderlichen Bescheinigungen vorlegen können, müssen umfassende Anforderungen erfüllt und Hürden genommen werden. Zuerst müssen Sie die gesammelten Unterstützungsbekundungen innerhalb von drei Monaten nach Abschluss der Phase der Unterschriftensammlung bei den zuständigen Stellen der einzelnen Länder einreichen. Diese haben höchstens drei Monate Zeit, um die Unterschriften zu überprüfen. Danach haben Sie als Organisatorengruppe weitere drei Monate für die Vorbereitungen, ehe Sie die Bescheinigungen schließlich der Kommission vorlegen. Dieses anspruchsvolle Verfahren erfordert ein zuverlässiges und gut vorbereitetes Leitungsteam. Unnötige Fehler führen zu hohen Zusatzkosten, Verzögerungen und Frustration.

Präsen­tation
Schritt 9
Kommunikation

Mit der Vorlage Ihrer Europäischen Bürgerinitiative beginnt ein weiteres wichtiges Kapitel: die Kommunikation über ein offizielles EU-Thema, mit dem Sie auf die politische Bühne treten. Nachdem Ihre Initiative als erfolgreich anerkannt wurde, werden sich Ihnen neue Türen öffnen: in formellen Gesprächen mit der Kommission und bei einer öffentlichen Anhörung im Europäischen Parlament.

Innerhalb eines Monats nach Einreichung Ihrer erfolgreichen Bürgerinitiative werden Sie zu einer offiziellen Sitzung mit der Kommission eingeladen, um Ihren Vorschlag zu erörtern, und in den darauffolgenden Monaten wird man Sie bitten, Ihre Initiative auf einer öffentlichen Anhörung im Europäischen Parlament vorzustellen. Andere EU-Institutionen wie der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und die nationalen Parlamente aller EU-Mitgliedstaaten werden ebenfalls informiert. Das wird Ihre große Chance sein, noch mehr Leute – und idealerweise die richtigen! – zu überzeugen.

Schritt 10
Schlussfolgerungen

Vergessen Sie zum Abschluss eines anstrengenden, aber hoffentlich auch bereichernden Unterfangens nicht die abschließende Verwaltungsarbeit, Dokumentation und Auswertung, um Schlussfolgerungen ziehen (und sie weitergeben) zu können. Mit Ihrer Teilnahme an den Europäischen Bürgerinitiativen der zweiten Generation (ab 2020) werden Sie im Begriff sein, Geschichte zu schreiben.

Schluss­folgerung

Prüfen Sie, ob Sie bereit sind, eine EBI-Kampagne durchzuführen:

EBI-Checkliste
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    RIGHT2WATER: EIN MENSCHENRECHT> 1,6 Mio. Unterschriften

    Diese europaweite Initiative der Gewerkschaften war eine der ersten registrierten Europäischen Bürgerinitiativen (am 10. Mai 2012). Die Europäische Kommission sollte zur Vorlage eines Legislativvorschlags aufgefordert werden, der das Menschenrecht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung entsprechend der Resolution der Vereinten Nationen durchsetzt und eine funktionierende Wasser- und Abwasserwirtschaft als existenzsichernde öffentliche Dienstleistung für alle Menschen fördert. Hauptziel der Kampagne war es, die einzelstaatlichen Regierungen durch EU-Rechtsvorschriften zu verpflichten, ausreichendes, sauberes Trinkwasser und eine angemessene sanitäre Grundversorgung für alle zu gewährleisten und bereitzustellen. Die Kommission beschloss Maßnahmen in verschiedenen Bereichen der Initiative (Erhöhung der Transparenz, Förderung von Innovationen usw.) und legte einen Legislativvorschlag zur Überarbeitung der Trinkwasserrichtlinie vor, in dem die Mitgliedstaaten unter anderem verpflichtet wurden, den Zugang der am stärksten gefährdeten Gruppen zu Wasser zu gewährleisten.

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    PRO-LIFE-BEWEGUNG: EINER VON UNS > 1,7 Mio. Unterschriften

    Der Initiative „Einer von uns“ gelang es als einer der ersten Europäischen Bürgerinitiativen, mehr als eine Million Unterschriften zu sammeln. Sie engagierte sich für die Würde, das Recht auf Leben und die Unversehrtheit aller Menschen ab dem Zeitpunkt der Empfängnis. Sie wollte vor allem erreichen, dass die EU keine Aktivitäten mit menschlichen Embryonen, insbesondere in der Forschung, öffentlichen Gesundheit und Entwicklungshilfe, mehr finanziert. Die Europäische Kommission beschloss, keine Überprüfung der Rechtsvorschriften durchzuführen, da sie den bestehenden Rechtsrahmen für angemessen hielt. Die Organisatoren legten dagegen beim Europäischen Gerichtshof Berufung ein, allerdings ohne Erfolg.

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    TIERSCHUTZ: STOP VIVISECTION> 1,17 Mio. Unterschriften

    Die Initiative „Stop Vivisection“ zielte auf die schrittweise Abschaffung von Tierversuchen ab. Die Kampagne wurde von einem EU-weiten Bündnis aus über 250 Tierschutzgruppen, wissenschaftlichen Organisationen und Unternehmen unterstützt, die Produkte „ohne Tierquälerei“ vertreiben – und konnte über 1,17 Millionen EU Bürgerinnen und -Bürger als Unterstützer gewinnen. Die Europäische Kommission teilte die Überzeugung der Organisatoren, dass Tierversuche schrittweise abgeschafft werden sollten, jedoch nicht deren Auffassung, dass Tiermodelle den wissenschaftlichen Grundsätzen nicht standhalten würden.

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    VERBOT VON PESTIZIDEN: VERBOT VON GLYPHOSAT> 1.07 Mio. Unterschriften

    Die Europäische Bürgerinitiative „Verbot von Glyphosat“ wurde im Januar 2017 gestartet und hatte drei Ziele: Glyphosat verbieten, das Zulassungsverfahren für Pestizide reformieren und EU-weit verbindliche Ziele für die Senkung des Einsatzes von Pestiziden festlegen. Ihr Hauptziel war eine pestizidfreie Zukunft. Die Organisatoren haben innerhalb von weniger als sechs Monaten den Schwellenwert von einer Million Unterschriften erreicht! Die Kommission beschloss zwar, Glyphosat nicht zu verbieten, verpflichtete sich jedoch, einen Legislativvorschlag vorzulegen, um die Transparenz bei der Pestizidbewertung zu erhöhen sowie die Qualität und Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Studien, die die Bewertungsgrundlage der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit sind, zu verbessern. Darüber hinaus hat die Kommission sich verpflichtet, die Richtlinie über einen nachhaltigen Einsatz von Pestiziden zu überarbeiten.

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    MINORITY SAFEPACK: SCHUTZ DER VIELFALT IN EUROPA> 1.1 Mio. Unterschriften

    Wie der Name bereits nahelegt, wurde der Kommission mit der Europäischen Bürgerinitiative „Minority SafePack“ ein ganzes Maßnahmenpaket vorgeschlagen, das Punkte wie die Förderung seltener Sprachen, den Schutz nationaler Minderheiten sowie Forschungsprogramme zu den Vorteilen der sprachlichen und kulturellen Vielfalt in der Europäischen Union umfasst. Ursprünglich 2013 gestartet, war ihre Registrierung von der Kommission jedoch abgelehnt worden. Dieser Beschluss wurde vier Jahre später vom Europäischen Gerichtshof für nichtig erklärt. In ihrer Antwort vertrat die Kommission die Auffassung, dass mit der vollständigen Umsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften und Maßnahmen die Ziele der Initiative bereits umfassend unterstützt werden, und schlug deshalb keinen Rechtsakt vor.

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    END THE CAGE AGE: FÜR MEHR TIERSCHUTZ> 1.39 Mio. Unterschriften

    In dieser Bürgerinitiative wurde die Kommission aufgefordert, im Interesse der humaneren Behandlung von Nutztieren klare Rechtsvorschriften gegen die Käfighaltung in der Europäischen Union zu erlassen. Insbesondere setzten sich die Organisatoren für ein Verbot der Käfighaltung für sämtliche Geflügelarten, der Kastenhaltung von Sauen und Einzelboxen für Kälber ein, damit die Tiere sich frei bewegen und in ihrem Rudel bzw. in ihrer Herde eng zusammen bleiben können. Die EBI „End the Cage Age“ wurde der Europäischen Kommission im Oktober 2020 vorgelegt. Die Kommission antwortete am 30. Juni 2021 und verpflichtete sich, bis Ende 2023 einen Legislativvorschlag vorzulegen, wonach die Verwendung von Käfigen für alle in der Initiative genannten Tierarten und -kategorien schrittweise einzustellen und schließlich zu verbieten ist.

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    STOP EXTREMISM: UNTERSTÜTZUNG DER MENSCHENRECHTE IN DER EU

    Mit dieser im Sommer 2017 registrierten Initiative wird die Europäische Kommission aufgefordert, eine neue Richtlinie zur Extremismusbekämpfung vorzuschlagen: Sie soll eine neutrale Definition des Begriffs Extremismus unabhängig von seiner Motivation enthalten und sämtliche „Handlungen, die auf die Zerstörung von Grundrechten abzielen“, sowie Verbote für Extremisten in Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen umfassen. Eine einschlägige EU-Richtlinie sollte außerdem Entschädigungsansprüche nach dem Vorbild der bestehenden Antidiskriminierungsvorschriften zulassen, um Frauen, Kinder und Menschen am Arbeitsplatz wirksam zu schützen. Nach einem Jahr gaben die Organisatoren bekannt, dass sie mehr als eine Million Unterstützungsbekundungen gesammelt hatten. Die Überprüfung der Unterstützungsbekundungen für diese EBI ist noch nicht abgeschlossen.

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    GLEICHBERECHTIGUNG DER REGIONEN UND NACHHALTIGKEIT DER REGIONALEN KULTUREN

    Die Organisatoren dieser Initiative fordern, dass Regionen mit nationalen, ethnischen, kulturellen, religiösen oder sprachlichen Besonderheiten, die sich von denen der umliegenden Regionen unterscheiden, im Rahmen der Kohäsionspolitik besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird.

    Die Registrierung dieser Initiative war 2013 zunächst von der Kommission abgelehnt worden. Dieser Beschluss wurde sechs Jahre später vom Europäischen Gerichtshof für nichtig erklärt. Nach Ablauf der Frist für die Sammlung der Unterschriften im Mai 2021 (die Frist war aufgrund der COVID-19-Pandemie verlängert worden) legten die Organisatoren 1 414 175 Unterstützungsbekundungen vor, deren Überprüfung noch aussteht.

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    BIENEN UND BAUERN RETTEN! EINE BIENENFREUNDLICHE LANDWIRTSCHAFT FÜR EINE GESUNDE UMWELT > 1.05 Mio. Unterschriften

    Mit dieser im September 2019 registrierten Initiative soll die ökologische und sozioökonomische Nachhaltigkeit der europäischen Landwirtschaft gefördert werden. Dazu wurden drei Ziele festgelegt: die schrittweise Beendigung des Einsatzes synthetischer Pestizide bis 2035, die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt der Landwirtschaft und die Unterstützung der Landwirte bei der Umstellung auf eine nachhaltige Landwirtschaft. In ihrer Antwort vom April 2023 begrüßte die Kommission diese von 1 054 973 Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnete Initiative und erkannte ihre Bedeutung an. Gleichwohl kam sie nach einer Bewertung zu dem Schluss, dass die Ziele der Initiative in den bereits zum europäischen Grünen Deal unterbreiteten Vorschlägen umfassend berücksichtigt werden. Deshalb sollte primär sichergestellt werden, dass die gesetzgebenden Organe (Parlament und Rat) diese Vorschläge zügig annehmen und umsetzen.

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    STOP FINNING – STOP THE TRADE (ABTRENNEN VON FLOSSEN UND HANDEL DAMIT STOPPEN) > 1,1 Mio. Unterschriften

    Ausgangspunkt dieser Initiative waren die Bedenken der Öffentlichkeit in Bezug auf die Nachhaltigkeit des Fangs von Haifisch und des weltweiten Handels damit. Mit der EBI wird die Kommission zu zwei Maßnahmen aufgefordert: Sie soll den Handel mit losen Haifischflossen in der EU unterbinden und die EU-Verordnung über das Verbot des Abtrennens von Haifischflossen (Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr loser Haifischflossen) ausweiten. Für die Initiative wurden 1 119 966 Unterschriften gesammelt. Im Juli 2023 begrüßte die Kommission die Initiative und sagte zu, die Möglichkeit einer Gesetzgebungsinitiative zu prüfen, eine Folgenabschätzung einzuleiten, die einschlägigen Statistiken zu verbessern und mit internationalen Partnern zusammenzuarbeiten.

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    FÜR DEN SCHUTZ KOSMETISCHER MITTEL OHNE TIERQUÄLEREI UND EIN EUROPA OHNE TIERVERSUCHE > 1,21 Mio. Unterschriften

    Da das Versprechen, dass Tiere in Europa nicht länger für Kosmetika leiden und sterben müssen, nicht eingehalten wurde, forderten die Organisatoren dieser Initiative eine Änderung der Rechtsvorschriften zum Schutz und zur Stärkung des Verbots von Tierversuchen bei kosmetischen Mitteln, zur Änderung der Chemikalienvorschriften der EU und zur Modernisierung der Wissenschaft. Ziel ist es, alle Tierversuche in der EU schrittweise abzuschaffen. Die Kommission begrüßte die von 1 217 916 Bürgerinnen und Bürgern unterstützte Initiative und erkannte an, dass der Tierschutz für die europäische Öffentlichkeit nach wie vor ein wichtiges Anliegen ist. Zudem hob sie die führende Rolle der EU in diesem Bereich hervor. Sie wird einen Fahrplan mit legislativen und nichtlegislativen Maßnahmen zur weiteren Verringerung von Tierversuchen auf den Weg bringen, sodass im Rahmen des Chemikalienrechts letztlich nur noch tierversuchsfreie Methoden zulässig sein sollen.

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    PELZFREIES EUROPA > 1,5 Mio. Unterschriften

    Mit 1 502 319 überprüften Unterschriften wurde diese Initiative im Juni 2023 als die zehnte erfolgreiche EBI validiert. „Pelzfreies Europa“ zielt darauf ab, Pelztierzuchtbetriebe und ihre Erzeugnisse aufgrund ihrer grausamen, unethischen, gefährlichen und umweltschädlichen Praktiken auf dem europäischen Markt gesetzlich zu verbieten. Die Europäische Kommission überprüft die Initiative derzeit und wird sie voraussichtlich Mitte Dezember 2023 beantworten.