Galia Ackerman

Die riesigen Herausforderungen für Europa aufgrund des russischen Angriffskriegs waren Thema des jährlichen EWSA-Seminars für Kommunikationsfachleute der Zivilgesellschaft. Es fand am 24./25. Oktober 2022 unter dem Titel „Geopolitische Verwerfungen vor den Toren Europas: die Perspektive der Zivilgesellschaft“ in der kroatischen Hauptstadt Zagreb statt.

Die Europäische Union sollte nicht nur die Ukraine im Kriegsalltag unterstützen, sondern auch überlegen, wie der langfristige Wiederaufbau des Landes und sein Beitritt zur EU vonstatten gehen sollen. Das war eine der Kernbotschaften des Seminars, das gemeinsam mit dem kroatischen Wirtschafts- und Sozialrat organisiert wurde.

Das Seminar umfasste drei Diskussionsrunden: EU-Erweiterung, Kommunikation in Krisenzeiten und Energie.

In ihrer Eröffnungsansprache in Zagreb sagte EWSA-Präsidentin Christa Schweng: „Stellen wir uns einmal die Ukraine in ein paar Jahren vor. Ich weiß, es ist schwer, die Dinge positiv zu betrachten, wenn man ständig Neuigkeiten vom Kriegsschauplatz mit täglichen Raketeneinschlägen in ukrainischen Städten und Schäden an der Wasser- und Stromversorgung hört. In unserem Denken und unserer Arbeit müssen wir uns heute davon leiten lassen, wie wir die Ukraine von Morgen sehen wollen. Ich sehe sie als ein wiederaufgebautes, prosperierendes Land, das auf europäischen Werten beruht und in dem die Bürgerinnen und Bürgern wieder in ein menschenwürdiges Leben in ihrem Heimatland zurückfinden können.“  

„Wie konnte sich der Westen so in Wladimir Putin irren?“ - diese Frage beschäftigte die französisch-russische Schriftstellerin, Journalistin und Historikerin Galia Ackerman in ihrem Impulsvortrag. Sie glaubt, dass Putin schon seit seiner Machtübernahme in Russland einen geheimen Plan verfolgt habe.

Allerdings hätten einige Leute im Westen Putins Ziele nicht durchschaut und andere hätten sie nicht wahrhaben wollen. „Wladimir Putin wurde vom KGB ausgebildet, er hat die Mentalität und die Ethik des KGB. Und sicherlich hat jemand, der ein Produkt des KGB ist, die Fähigkeit, fast die ganze Welt hinters Licht zu führen“, so Ackerman weiter.

Zu den Rednerinnen und Rednern, die zur Eröffnung der Veranstaltung sprachen, gehörten der kroatische Minister für Arbeit, Rentensysteme, Familien- und Sozialpolitik, Marin Piletić, die Leiterin des Vertretungsbüros des Europäischen Parlaments in Kroatien, Violeta Simeonova Staničić, die Medienbeauftragte des Vertretungsbüros der Europäischen Kommission in Kroatien, Andrea Čović Vidović, und der Leiter des Verbands kroatischer Journalisten, Hrvoje Zovko.

Die Einführung in die drei Diskussionsrunden übernahmen der Vorsitzende der Gruppe „Organisationen der Zivilgesellschaft“ im EWSA, Seamus Boland, der Vorsitzende der Gruppe „Arbeitnehmer“ im EWSA, Oliver Röpke, und das Mitglied der Gruppe „Arbeitgeber“ im EWSA und Vorsitzender der EWSA-Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen und Unionsbürgerschaft (SOC), Aurel Laurențiu Plosceanu.

In der ersten Diskussionsrunde des Seminars ging es unter dem Titel „Im Schatten des Krieges: das neue geopolitische Umfeld Europas und die Folgen für die Zukunft der EU“ um die Wirkung des Auftretens Russlands auf dem Balkan und die daraus zu ziehenden Schlüsse für einen EU-Beitritt der Ukraine.

Der Kampf des Westens gegen Putins Russland um die Deutungshoheit war eines der Themen der Diskussionsrunde zur Kommunikation in Krisenzeiten. Die Teilnehmer hoben hervor, dass Russland seine Propaganda tatkräftig außerhalb Europas und Nordamerikas verbreite. Sie sahen einen zunehmenden Bedarf an einer „Armee“ von Fachleuten und Freiwilligen zur Bekämpfung von Desinformationstechniken in Europa.

Durch den Krieg noch verschlimmerte ernste Probleme auf dem Energiemarkt waren Gegenstand der Diskussionsrunde Die Energiewende zwischen Krieg und Klimazielen: Herausforderungen für den Grünen Deal. Auf der Tagesordnung standen Fragen wie der grüne Wandel, Lehren aus der Abhängigkeit von Russland (was nun auch für China gilt) und das Pro und Contra der Kernenergie.

Das Seminar wurde auch von dem Büro des Europäischen Parlaments und der Vertretung der Europäischen Kommission in Kroatien unterstützt. (ll)